Rumtreiben vom Runden Freund

Ausländer im Ausland

Runder Freund ist ein Ausländer im Ausland. Von anderen wird er als Ausländer betrachtet, die Umgebung wird von ihm als Ausland empfunden. Ausländersein ist seine neue Identität, die ihm gar nicht gefällt. Diese Identität kommt aber erst dann zum Vorschein, wenn er unter Anderen ist, Ausländern und Inländern. Deswegen mag er sich gerne allein im Ausland rumtreiben, Häuser und Skulpturen berühren, Hunde und Katzen streicheln, Bäume umarmen und leise mit der Stadt reden. Er redet viel und gerne, erzählt verschiedene Geschichten, macht dieses aufmerksame Ausland zu seinem engsten Freund.

Für Städte und Dörfer, Wälder und Gebirge, Seen und Flüsse ist er selbstverständlich kein Ausländer. Sie sind einfach da und ermöglichen es ihm stillschweigend, in sich zu ruhen und sich wohl zu fühlen. Sprachfehler stören sie nicht, sowie die Aussprache oder, um Gottes willen, das Aussehen.

Runder Freund schaut immer neugierig um sich herum, denn es ist alles neu für ihn. In diesem Ausland ist er nun selbst zu reiner Wahrnehmung geworden. Durch ihn schimmern immer die Stadt und die rätselhaften Gegenstände hindurch. Das ist das Wesen des Ausländerseins: im Ausland wird man zu einem bloßen Zuschauer, einem wortlosen Zuhörer; kaum handelnd, kaum sichtbar.

Wenn Runder Freund den Ausländern begegnet, hört er immer sehr aufmerksam zu, merkt sich neue Wörter, neue Laute, interessiert sich für die Themen, welche die Leute da draußen im Ausland besprechen. Jeden Augenblick passiert etwas zum ersten Mal und fordert Wachsamkeit.

Das gegenwärtige Ausland schaut der Runde Freund immer genau an. Alles unterscheidet sich von anderen Aus-Ländern, wo er früher gewesen war. Das einzige, was er überall dabei hat, ist sein

Inland,

in dem er

seine Dissertation in Philosophie schreibt, was ihm schon gewaltig auf den Sack geht;

mit den Artikeln – der-die-das oder wie ist es richtig? – kämpft;

gern Honig isst, der blöderweise immer zur Neige geht;

davon träumt, Imker zu werden, denn dann hat er stets genug Honig;

nachts spazieren geht, denn dann stört keiner seine Zweisamkeit mit der Stadt;

ständig hungrig ist, denn das Nachdenken über die Wege der Philosophie fordert viele Kalorien;

ein Brötchen beim Bäcker kaufen möchte, sich aber für keins entscheiden kann;

gern Zeugs sammelt und es zu seinen persönlichen Schätzen macht, die überall in der Wohnung rumliegen;

immer an die Ostsee will, wo er zu gern Lagerfeuer am Strand macht, obwohl es nicht gestattet ist;

darüber philosophiert, dass, wenn Feuer nicht gestattet ist, dann wahrscheinlich Luft, Wasser und Erde auch nicht?

gern die Katze streichelt, die in dem buddhistischen Kloster nebenan auf dem Stupa sitzt;

diese Katze unterscheidet Nirvana von Sansara nicht, worüber sich Runder Freund sehr freut;

manchmal mit dem weißen Schäferhund Gassi geht, der wie ein Eiswolf aussieht und alles so lange immer beschnuppert;

manchmal vergisst, was er eigentlich auf dem Markt kaufen wollte, denn es gibt immer so viele geheimnisvolle Sachen auf dem Weg dorthin;

viele nette Freunde gefunden hat, die zwar auch Ausländer sind, aber längst zum Inland gehören;

dann, wenn er mit Freunden neben dem Feuer sitzt, sich Zuhause fühlt und manchmal das Ausland vergisst und einfach wohlig lächelt;

und, was das Wichtigste ist, im Ausland die Liebe gefunden hat und beide nun liebevoll zusammenwohnen, Ausländer*in und Inländer*in, im schönen und lustigen Inland, das sich natürlich im Ausland befindet.

Ohne Korrektur

-- Hallo Runder Freund, warum heißt du eigentlich Runder Freund?
-- Siehst du es denn nicht! Weil ich einfach rund bin! Dein runder Freund, das kann man doch sehen.

-- Wohnst du jetzt in Berlin?
-- Na ja, manchmal hier, manchmal da. Aber im Herbst und Winter meistens in Berlin, in Friedrichshain.

-- Und wie findest du Berlin?
-- Ziemlich komisch und merkwürdig. Aber es gefällt mir. Auch gefällt mir hier in Berlin dieses Zuhause-Gefühl, das man in der Stadt empfinden kann. Ich meine, dass Berlin selbst als ein lebendiges Wesen erscheint und man eigene Beziehungen und Gefühle mit der Stadt haben kann. Auch als ich zum ersten Mal nach Berlin kam, habe ich einen Mann auf der Straße getroffen; er war gerade in seine Decke gehüllt aus dem Haus rausgekommen, mit einer Tasse Tee oder Kaffee, und er sah genauso aus wie in der Wohnung, wie Zuhause, aber in der Stadt. Das hat mich sehr beeindruckt. In meinem Land habe ich solche Leichtigkeit nie erlebt, dort muss man sich sehr gut vorbereiten, um raus zu gehen. Deswegen habe ich dieses Gefühl hier in Berlin – zuhause-in-der-Stadt-sein.

-- Was machst du eigentlich hier?
-- Ich schreibe meine Dissertation über Hannah Arendt, ist aber sehr schwierig.

-- Aber reist du auch gerne?
-- Ja, immer! Ich liebe unsere Welt und möchte immer gucken, wie in anderen Ländern das Leben aussieht, welche Sprache die da sprechen, was sie da eigentlich alle machen. In anderen Ländern liebe ich immer Dörfer, da kann man immer sehen, wie das Leben wirklich aussieht.

-- Warum magst du die Ostsee?
-- Weil es einfach immer kalt und ziemlich leer ist. Das ist noch ein Zuhause-Gefühl. Ich liebe es, im Sommer am leeren Strand einfach im Schlafsack auf dem Sand zu schlafen und die Sterne anzugucken - natürlich, wenn ich die Brille aufgesetzt habe. Und niemand ist da, nur die Sterne, und das Wasser und der Sand, der überall ist, in den Haaren, im Mund, in den Augen, die Ohren sind auch voller Sand.

-- Bist du ein Philosoph?
-- Natürlich nicht, aber ich habe schon ziemlich lange studiert, und jetzt weiß ich, dass ich gar nichts weiß und nicht verstehe, was ich so viele Jahre lang genau gemacht habe.

-- Warum bist du immer alleine? Hast du keine Freunde?
-- Doch. Ich habe viele, aber in diesem Ausland gibt es ein Gesetz zum Datenschutz, deshalb muss ich immer meine Freunde fragen, ob ich mit ihnen zusammen erscheinen darf. Dafür bin ich aber zu faul.

-- Bist du er, sie oder was anderes?
-- Was anderes! Ich bin ein rundes Wesen!

-- Was sind das für lange Ohren, die hinter dir im Wind flattern?
-- Da sind meine Ohren.

-- Gehst du gern essen?
-- Och ja. Sehr gerne. Immer!

-- Was isst du gerne?
-- Ich liebe Honig und Fisch! Wenn meine Freunde oder meine Familie zu Besuch kommen, bringen sie immer ein paar Liter Honig und Fisch mit!

-- Kochst du auch gern?
-- Ja, auch gern. Weil ich einfach essen mag.

-- Bist du immer gut gelaunt?
-- Nein, fast nie.


Schön dass Sie hier sind!
Folgen Sie uns auf Instagram: www.instagram.com/runderfreund
oder auf Facebook: www.facebook.com/runderfreund

Runder Freund